Kein Al Bundy in Sicht
Es war im Oktober. Der Herbst war ganz deutlich angekommen. Die Temperaturen fielen, wenn auch oft noch von sehr warmen Tagen unterbrochen. Klar war aber: der Winter kommt. Und damit auch die Not für Winterschuhe für den Krümel. Warme Winterschuhe. Gefüttert oder isoliert. Wasserfeste Winterschuhe. Schuhe, die ihm Halt geben, aber gleichzeitig flexibel sind und seinen natürlichen Gang und Fuß nicht gleich in zwei Monaten ruinieren. Immerhin ist er noch klein und läuft noch nicht sooo sicher. Ja, das sind hohe Ansprüche. Aber seit der Krümel laufen lernte waren wir uns einig, dass wir keine Billig-Latschen-Schuhe kaufen wollen sondern insbesondere in den ersten Jahren auf gutes Schuhwerk achten wollen. Nun hat sich das im Sommer etwas gelockert. Der Krümel läuft sicherer als vorher. Auch wechselt er öfter mal zwischen Sneaker und Sandalen oder läuft meist sowieso barfuß. Bei etwas weniger orthopädisch wertvollen Schuhen sahen wir da nicht die Gefahr der sofortigen Gesundheitsschädigung drohen. Zudem gibt es tatsächlich ganz gute Sommerschuhe, flexibel und mit Fussbett, zudem günstig, bei Old Navy. Nun kam aber das Thema Winterschuhe und wir wussten, unsere Ansprüche sind hoch. Aber wir sind auch bereit, mehr Geld dafür auszugeben, wie sonst auch. Im Winter hat er meist jeden Tag die gleichen Schuhe an. Und das dann über Monate. Da ist uns wichtig, dass er was ordentliches trägt.
Wie beginnt man aber nun die Suche nach sehr guten Kinderschuhen, wenn eine Pandemie herrscht und man die lokalen Geschäfte auch nicht gut kennt? Genau… man googelt. Oder „amazon-ed“. Wir haben also nach den uns aus Deutschland bekannten Kinderschuh-Marken gesucht. Fehlanzeige. Zwar gibt es einige wenige Modelle, aber entweder waren die nicht Winter-geeignet oder nur in ausgewählten, nicht der von uns benötigten, Größe erhältlich… und dann auch noch einfach völlig übertrieben teuer.
Also nächster Schritt: Kinderschuhladen. Wiederum Pustekuchen. Es gibt Foot Locker Kids für Sneaker, noch einen anderen Privaten nur für Sneaker, ein paar größere Schuhläden a la „Deichmann“ oder „Reno“. Das war‘s. Und dann natürlich die üblichen Verdächtigen Supermärkte wie Target und Walmart oder Kinderbekleidung wie GAP Kids, Carter, Old Navy, oder wie sie alle heißen. Wir sind in einigen dieser Läden gewesen.
Die Auswahl ist gruselig. Entweder schick, aber nicht warm oder wasserfest…. Modell Sneaker (Wer über 17 trägt denn im Winter Sneaker?). Oder warm, aber total unflexibel und fest wie ein Stein… Modell Snowboot. Oder mit gutem Fussbett, aber nicht wasserfest oder warm… Modell Herbst-Lederschuh. Aber sowas haben wir schon. Wir brauchen etwas für Minusgrade… für Schnee. Worin er aber auch mal etwas länger laufen kann und nicht nur ungelenk mal eben durch den Schnee stapft.
Mir wurde klar, das es wohl zwei Paar werden müssen. Ein Mal Modell „flexibler Snowboot“ und ein Mal Modell „flexibler, warmer Winterschuh“.
Noch dazu kommt: es gibt etwas mehr Winterschuh-Auswahl vermeintlich für Mädchen, aber bei den Jungs läufts nur auf Sneaker oder Monster-Boots hinaus. Eigentlich mache ich mir um geschlechtsspezifische Bekleidung eher weniger Gedanken. Farbzuordnung zu einem Geschlecht ist nur erfunden. Aber auch die „Mädchenschuhe“ waren nicht das, was wir suchten. Sie sahen zwar alle viel wärmer aus als ihre Kollegen für Jungs, aber wirklich Halt und Passform sowie Flexibilität schienen auch die nicht zu bieten.
Ich begann (Achtung, Werbung! :D), unseren Kinderschuhladen „Boys&Girls“ in Düsseldorf-Bilk zu vermissen. Sehr. Nicht nur, dass es dort qualitativ sehr hochwertige Schuhe gibt. Die Beratung und Geduld von Inhaber und Kinderschuh-Experten Martin war immer Gold wert. Wir kauften die Laufschuhe dort, die ersten festen Schuhe, die Sommersandalen, die Winterschuhe. Martin zeigte und den Trick, die Sohle aus dem Schuh zu nehmen und den Fuß des Kindes daraufzustellen. Dann kann man ungefähr sehen, ob vorn noch genügend Platz im Schuh ist. Geht auch bei dem alten Schuhen um zu schauen, ob sie noch passen. Also liebe Eltern in NRW… wenn Ihr in Düsseldorf seid und Euer Kind ein paar Schuhe braucht, tut mir einen Gefallen und geht zu Martin. Und dann vergesst nicht, ihn von uns zu grüßen.
Für uns blieb nun aber nur, weitere Wege auszuprobieren. Neuer Ansatz also: bestellen, bestellen, bestellen… probieren, probieren, probieren.
Wir bestellt und probierten, was das Zeug hält. Aber es war frustrierend. Hatte man endlich mal Schneestiefel oder gefütterte Stiefel gefunden, waren sie entweder wieder starr wie ein Holzklotz oder ohne effizienten Verschluss… nur so zum schlüpfen. Dazu muss dann noch gesagt werden, dass der Krümel recht schlank ist und dünne Beinchen hat. Diese Stiefel gaben dann nicht nur keinen Halt sondern sahen auch aus wie Storch im Eimer. Und so lief er damit auch. Ich fing echt an mich zu fragen, was die Kinder hier für Schuhe tragen… für größere wird’s ja dann schon wieder besser. Aber gerade für die Kleinen sieht’s trüb aus. Die, die dringend keine kalten Füße bekommen sollen und auch noch wachsende, sich entwickelnde Füße haben, einen natürlichen Gang (so nicht schon zerstört)… Bei anderen Kids sieht man oft Sneaker. Aber noch sind‘s halt auch keine Minusgrade. Vielleicht hätte ich mal die Nachbarn fragen sollen… überlegte ich langsam.
Abhilfe bringt ja aber immer, sich bei Freunden auszuheulen. Ich jammere also so bei einer Freundin rum, über die schlechte Schuhauswahl hier und schwups… hat sie einen Tipp. Natürlich, denn sie hat immer gute Tipps. Dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin. Sie sagt also )Achtung! Schon wieder Werbung!): Decathlon. Schneestiefel. Günstig und gut. Hallelujah.
Ich bestellte. Die Schuhe kamen. Sie passten auf Anhieb. Und sie waren flexibler als alles, was wir sonst probiert hatten. Trotzdem mit festem Halt. Nach einer kurzen Erklärung, dass das neue Pitschipatschi-Schuhe sind, wollte er sie auch direkt anziehen. Und das selbst und ganz alleine. Ohne Hilfe. Da sagte er gleich stolz über sich „Good Job, großer Junge!“… ich konnte mein Glück kaum fassen. Sollten wir tatsächlich Schneestiefel gefunden haben? Einen Tag später dann direkt der Wasserfest-Test: Bestanden. Der Mann war etwas irritiert von der Farbe… Pflaume… bisschen mädchenhaft, fand er. Angesichts der schwierigen Schuhlage hier konnte er sich aber an Darlegung der anderen Vorteile schnell damit arrangieren. Puh… Das war dann schon mal geschafft.
Nun sind die Schneestiefel aber nicht gut geeignet, um sie den ganzen Tag in der Kita zu tragen oder Einzelgängern Zeit darin rumzulaufen. Bei all den Bestellungen war dann irgendwann eine Marke dabei, die gleich herausstach. Ordentlicher Verschluss, sehr gut verarbeitet, flexible Sohle, guter Halt, wasserfest. Wir hatten nur die Beschreibung nicht ordentlich gelesen … also ich – ich hatte nicht richtig gelesen… und die nicht-isolierten bestellt… aber immerhin wussten wir nun, welche Marke wir wollten. Wir schickten also die nicht-isolierten zurück. Dann noch schnell die isolierten bestellen…. argghhh… benötigte Größe nicht verfügbar… WAAAAASSSSSS??? Aber ich war nicht bereit, die Suche nach einer anderen Marke fortzusetzen. Ich wollte jetzt diese! Also ging die Suche nach dem Modell „See Kai Run – Atlas“ (Achtung, nochmal Werbung!) im Internet los.
Und dann… nach fünf Wochen Jagd auf wintertaugliches Kinderschuhwerk… die Erlösung. Einen Tag bevor es das erste Mal richtig kalt wurde. Winterschuhe und Schneestiefel! Das Kind ist glücklich. Und Mutti ist erleichtert.
Nachtrag: Ihr müsst denken, dass ich mich nur beschwere. Alles ist schwierig, komisch, anders. Diesen Eindruck möchte ich ganz bestimmt nicht erwecken. Es gibt viel Tolles… und ich werde Euch bald darüber berichten, was mir hier alles so sehr gefällt. Aber beschäftigt ist man doch vor allem mit den Dingen, die anders sind, die Aufmerksamkeit, Recherche und Energie bedürfen. Mit denen man sich erst zurecht finden muss in diesem neuen Land. Es liegt häufig sicherlich nicht daran, dass Dinge hier schlechter sind. Sie sind nur anders. Aber für uns eben unbekannt. Denn womöglich geht es Zugezogenen in Deutschland nicht anders, wenn sie gute Kinderschuhe suchen und „Boys&Girls“ in Düsseldorf-Bilk noch nicht kennen…