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Einfach mal raus – Urlaub anders

Sommer 2021. Urlaub. Wir haben lange mit einer Planung gewartet. Immer hoffend auf Einreise-Lockerungen und dadurch Besuch von Familie und Freunden. Aber COVID und die amerikanische Politik machen uns weiter einen Strich durch die Rechnung. Schweren Herzens mussten Freunde zum zweiten Mal ihre USA-Reise und den Besuch bei uns absagen. Meine Trauer und langsam steigende Hoffnungslosigkeit angesichts der Situation lassen sich langsam kaum noch in Worte fassen. Aber das soll jetzt auch nicht Thema sein. Ich schweife ab. Denn ich wollte ja von unserem Urlaub berichten. Es hieß nun also, anderweitig planen. Also taten wir das. Die Entscheidung fiel wie immer nicht leicht, aber wir einigten uns und haben es ohne Scheidung überstanden. 

Wenn man amerikanischen Bekannten erzählt, dass man in den Urlaub fährt, denken alle an eines: Strand. Entweder an einer der vielen Optionen an der mehr oder weniger nahe gelegenen Ostküste – Maine, Maryland, Virginia, Florida – oder an der Westküste… oder in Mexiko. Als zweites denken alle an typische USA-Destinationen wie Grand Canyon, Las Vegas, etc. 

Und dann kamen wir. Und sammelten fragende und verwirrte Blicke angesichts unseres Urlaubszieles, selbst bei den Menschen vor Ort: Cleveland. Warum zur Hölle verbringt man eine Woche Urlaub in Cleveland? Die Frage, die meist folgte: „Habt Ihr da Familie?“ – Nein, haben wir nicht. Eine Freundin meinte nur schulterzuckend: „Ich MUSSTE da ein Mal beruflich hin.“ 

Immerhin die Nennung unseres Zwischenstopps inklusive Übernachtung sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg brachte ein paar erfreute Gesichter. Okay, eins. Ein erfreutes Gesicht. Das meines Chiropraktikers, der dort studiert hatte und gleich viele Tipps zum Ausgehen und anschauen parat hatte. Pittsburgh. 


Wir hatten dann auch immer schnell eine Rechtfertigung parat, die auch den Tatsachen entsprach: Eigentlich ging es nämlich darum, mehr von Land anzuschauen und in einen neuen, uns unbekannten Bundesstaat zu fahren. Florida und Westküste, bzw. Las Vegas und so weiter, standen auch zur Debatte, aber das hätte bedeutet fliegen zu müssen. Und ein Teil der Elternschaft wollte angesichts der Sachen, die man mit Kleinkind rumschleppt, nicht fliegen. Wer uns kennt, ahnt, welcher Teil das war. So wurde eine Art Roadtrip beschlossen. Und der Mann bestand auf eine Art Bademöglichkeit. Ein Blick auf die Karte zeigte große Seen im Norden und Chicago… super. Da wollte ich schon immer hin. Also überlegte ich mir freudig mehrere Stopps: Pittsburgh, Cleveland, Detroit, Chicago… voilà! Bei näherer Betrachtung der Entfernungen, der verfügbaren Urlaubstage und dem Erwachen, dass man ja aus Chicago den ganzen Weg dann auch wieder zurück muss, und das Ganze mit „Mama, was lange noch fahren?“-Kleinkind, wurde schnell klar: das macht keinen Sinn. Zeitgleich fanden wir auf AirBnB DAS Domizil schlechthin in Cleveland und beschlossen, einfach dort zu bleiben, und Detroit ggf als Tagesausflug zu machen. Cleveland liegt außerdem auch am Lake Erie und hat schöne Strände, an denen man auch mal einen Badetag einlegen kann. Und notfalls ist das Ferienhaus auch so toll, dass man einfach da chillt und gar nicht rausgehen muss. Dieser Fakt ließ uns sehr entspannt über die verhaltenen Reaktionen aller hinweg schauen. Bis zu dem Zeitpunkt wenige Tage vorher, an dem wir eher zufällig bei der Recherche nach dem schönsten Strand in Cleveland-Umgebung erfuhren, dass der Lake Erie im Sommer ein E-Coli-Bakterien-Problem hat… DAS verunsicherte uns kurzzeitig. Also informierten wir uns ein wenig über dieses im Sommer stellenweise auftretende Phänomen und die Gegen- bzw. Schutzmaßnahmen und entschieden, trotzdem hinzufahren. Immerhin sollte es ja auch kein Badeurlaub sein und dann gehen wir eben nicht schwimmen. An den Strände werden auch mind. 2 mal die Woche die Wasserqualität getestet, die Ergebnisse veröffentlicht und an entsprechenden Stränden das Schwimmen, wenn nötig, verboten. Die Menschen vor Ort scheinen auch eher locker damit umzugehen und es scheint keine Probleme zu geben, wenn die Wasserqualität gut ist. 


Und was soll ich sagen. Es war super und wir sehr glücklich, dass wir uns diese Auszeit genommen und die Gegend erkundet haben. Cleveland ist an sich vielleicht weniger spektakulär, hatte für uns aber einige tolle Highlights in petto. Angefangen von unserem ersten Besuch bei einem Baseballspiel der Major League: Cleveland Indians (ab nächster Saison „Cleveland Guardians“) vs. Tampa Bay Rays auf dem Progressive Field. Nur 20 Gehminuten von unserem Urlaubshaus entfernt, starteten wir am ersten Abend mit diesem besonderen Erlebnis. Dank unseres phänomenalen AirBnB Hosts, der dort öfter zu sein scheint und uns seine Tickets für die beste Preisklasse inkl Exclusive-Member-Lounge zum Schnäppchenpreis (3 zum Preis für 1) überließ, saßen wir nicht nur optimal sondern waren auch diverse Male im TV im Hintergrund zu sehen. Wir sind jetzt bereit für Hollywood…

Das Haus war einfach grandios und überraschte mit Schnickschnack, von dem ich bisher nicht wusste, dass ich ihn brauchen würde, aber jetzt das Gefühl habe, ich kann nicht mehr ohne leben. Ganz vorn ist da der Wasserhahn in der Küche, der mit Bewegungsmelder an uns aus geht und man dann nicht mehr dreckigen Händen den Hahn betätigen muss. Knaller! Brauch ich! Ab jetzt! Immer! 

Auch die jüdische Gemeinde in Cleveland hat nicht enttäuscht. Wir hatten eine vorher angeschrieben und durften Freitagabend zum Schabbateingang dabei sein. Wir hatten Glück und es war „Rock Shabbat“. Das hieß, dass die Psalmen und Passagen vor dem offiziellen Schabbateingang und Lichterzünden mit Rock-Band gesungen wurden. Zuvor gab es Eis aus einem Eiswagen, Give-Aways und Spiele für die Kids auf der Wiese. Alles outdoor bei bestem Wetter. Rockende Rabbis und tanzende Omis inklusive. Knaller!

Wir waren am Strand, bei guter Wasserqualität und glasklarem Wasser, machten unseren Ausflug nach Detroit, besuchten das Henry Ford Museum für amerikanische Innovation in Detroit, das Andy Warhol-Museum und das Children‘s Museum und fuhren Seilbahn in Pittsburgh. Wir liessen es ruhig angehen, genossen die Zeit in dem wundervollen Haus und aßen lecker. 


Man könnte fast sagen, es war perfekt. Aber nur fast. Denn natürlich durften kleinere Katastrophen nicht fehlen. So wie das kurzzeitige Funktionsversagen des superteuren Miele-Kaffeeautomaten in der Luxusküche des Ferienhauses, inkl kurzem Herzstillstand beim Ehemann, der schweißgebadet alles stehen und liegen ließ und sich nur noch um die Wiederherstellung des Gerätes bemühte… erfolgreich zum Glück. Oder das nächtliche Nasenbluten des Krümels, das uns erst am nächsten Morgen auffiel, als der Mann auf dem Weg ins Bad war und ziemlich schockiert rief: „Was ist DAS?“ – Da war er: ein riesiger Fleck Blut auf der schneeweißen UGG-Bettwäsche. Dann der noch völlig verschlafene Blick auf den Krümel, der nachts in unser großes Bett gekrabbelt war: blutverschmiert über’s ganze Gesicht, wie in einem Horrorfilm. „Ja hat sie denn keine Betteinlage drunter gelegt?“ Fragen sich jetzt sicherlich einige. Doch, hat sie. Aber die war nicht groß genug für das gesamte Bett. Und der Krümel hatte nachts nichts Besseres zu tun als sich einmal um 180 Grad zu drehen und kurzerhand mit dem Kopf am unteren Fussende (ohne Bettunterlage) und mit den Füssen am Kopfkissen (mit Bettunterlage) zu schlafen. Er hat also geschafft, den letzten ungeschützten Teil der Schlafcouch vollzubluten. Wir verbrachten dann den ganzen Morgen und diverse weitere Stunden damit, nicht nur die Bettwäsche sondern auch den Bezug der Schlafcouch, auf der der Krümel schlief, von den Massaker-Spuren zu befreien… es hat bei der schneeweißen Bettwäsche einwandfrei geklappt, nur der schwarz-weiss gemuschelte Bezug der Schlafcouch, der auch nicht einfach gewaschen werden darf, weil dänische Designer-Couch und so, wollte sich einfach nicht gänzlich reinigen lassen. Und wir haben alles probiert, was es gab und uns im Haus zur Verfügung stand. Und das war nicht wenig. Von normalen Fleckenreiniger über besonders wirkungsvollen für Haustierflecken bis hin zu einem Dampfreiniger. Nichts da. Ein dunklerer Fleck war auch als wir abreisten weiterhin zu sehen und wir mussten dem Vermieter das Unglück gestehen. Bisher sind wir ohne Extrakosten davongekommen, aber der Vermieter muss es sich auch erst noch persönlich anschauen, also drückt uns die Daumen. 

Aber was wäre ein Urlaub, wenn man nicht auch solche Geschichten zu erzählen hätte…? Genau, langweilig. Wir werden uns auf jeden Fall noch lange dran erinnern. Und auf jeden Fall positiv!

Ein Kommentar

  • MützenMama

    Wieder einmal herrlich geschrieben..ich fühle mich, als wäre ich mit vor Ort gewesen, sehe alles vor mir und konnte mir ein schmunzeln an der einen oder anderen Stelle nicht verkneifen ☺️

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