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Endlich Frühling

Über zwei Monate habe ich hier nichts geschrieben. Viel ging in meinem Kopf rum. In Worte fassen konnte ich es nicht. In meinen Notizen stapeln sich unfertige Texte, verschriftliche Gedanken, wirre Stichpunkte. Nichts Vollständiges oder wirklich Lesbares. Vieles davon habe ich aufgeschrieben, weil es einfach erstmal raus musste. Manche dieser Fragmente werde ich jetzt langsam versuchen zusammen zu setzen. Ganze Texte daraus zu formulieren. Bis der erste davon fertig ist, möchte ich Euch unsere letzten Wochen und Monate kurz umreißen. Wie immer, mit ein paar Bildern, die Euch an unserem Leben teilhaben lassen sollen:

Wir sind nun seit über einem Jahr hier und an vielen Tagen wird sie Sehnsucht nach Familie und Freunden unerträglich. Da helfen dann nur der Frühling und die Sonnenstrahlen ein wenig darüber hinweg. Der lange, kalte Winter hatte mir – gepaart mit anderen Faktoren – mental sehr zugesetzt. Aber dazu auch später mehr. Konzentrieren wir uns jetzt auf den Frühling und was er Tolles mit sich bringt: nämlich wieder viel mehr Zeit draußen. Aussengastronomie ohne Heizpilze, sprießende Blümchen und blühende Bäume, Gartenarbeit, Terrasse „aufhübschen“, wieder öfter die Nachbarn im Vorgarten spontan zu einem Schwätzchen treffen und Ausflüge ans Meer und in den „Big Apple“. Bei Minusgraden und inmitten einer Pandemie ohne die Möglichkeit, sich mal für ein paar Stunden irgendwo drinnen aufzuhalten, waren solche Tagesausflüge eher selten.

Gut vier große Schneestürme haben wir letzten Winter miterlebt. 30 cm Neuschnee innerhalb weniger Stunden. Kita-Schliessungen, weil es unmöglich war, das Haus zu verlassen und zur Kita zu kommen. Stundenlanges Schneeschippen der Einfahrt, um für den Fall der Fälle das Auto benutzen zu können. Am Anfang freute ich mich noch sehr über den vielen Schnee. Der Krümel war jedes Mal begeistert. Spielte stundenlang im Schnee, wälzte sich herum, schippte ihn von einer Ecke in die andere, aß ihn, baute Schneefiguren. Ich genoss das Schippen und die damit einhergehende sportliche Betätigung. Beim ersten Mal war es noch was Neues. Beim zweiten Mal dachte ich: „Das ist es! Ich mag’s! Wir sind jetzt Schnee-Experten. Scheiß auf USA… Kanada, wir kommen!“ Beim dritten Schneesturm war ich etwas fauler, was das Schneeschippen anging. Beim vierten checkte ich die besten Flugoptionen nach Florida… „Nie wieder Schnee!“ Anfang März hatten wir es dann endlich überstanden und der letzte Schnee schmolz dahin…


Als der Schnee sich langsam verzog und die Temperaturen über null kletterten, besuchten wir erstmal seit Längerem endlich wieder New York City. Diese Stadt fasziniert mich einfach immer wieder. Doch dieses Mal war mein Gefühl und die Faszination eine andere. Es war nicht mehr das „Neue“ und „Andere“. Plötzlich sind all die Straßenschilder, die Autos, die Architektur, die rauchenden Gullis und die Sirenen der Feuerwehr- und Polizeiautos nicht mehr fremd. Plötzlich fühlen sie sich normal und „heimisch“ an. Es ist keine utopische Idee mehr, sich vorzustellen, man würde dort wohnen. Dabei verlor die Stadt kein bisschen an Faszination. Ganz im Gegenteil. Ich nehme sie jetzt anders war. Viel unmittelbarer, viel echter. Und bin immer noch fasziniert. Was für ein tolles Gefühl.


Wo wir gerade von Emotionen sprechen: Einer der emotionalsten Tage des bisherigen Jahres war der 20. Januar. Stundenlang lief der Fernseher. Tief ergriffen und erleichtert liefen mir Freudentränen über die Wangen. Lange war ich nicht mehr so tief bewegt. Nicht nur, weil DT endgültig das Weiße Haus verlief, sondern insbesondere, weil neben Präsident Joe Biden seine Vize-Präsidentin Kamala Harris einzog. Intelligent, entschlossen, stark, humorvoll, empathisch. Die erste Frau in diesem Amt. Und zudem die erste schwarze, asiatisch-amerikanische Frau. Hallelujah!


Während draussen der Schnee stürmte und nachdem sich alle Emotionen der Amtseinführung gelegt hatten, beschäftigten wir uns wieder mit dem Zweitwichtigsten: Essen. Der Mann hat angefangen, Sauerteig zu züchten und Brot zu backen. Hin und wieder auch mal eine Babka. Ich hingegen hab’s nicht so sehr mit dem Backen, wurde aber von der Netflix-Reihe von Nadiya Hussain und dem unstillbaren Verlangen des Krümels, mit mir zu backen, überzeugt, mich an Himbeer-Amerettini zu wagen. Und sie waren echt gut…


Ich habe ja auch schon immer ganz gern gebastelt und gebaut. Und seit wir hier in das Haus gezogen sind hatte ich die Vision, dem Krümel für den Garten eine Matsch-Küche zu bauen. Die Begeisterung sprang nur bisher nicht auf den Mann über. Bis ein Schneesturm einen Teil unseres Zaunes am Ende des Grundstücks zerstörte und mehrere Holzlatten hinterliess. Und da hatte ich ihn. Denn der Mann schmeißt äußerst ungern Dinge weg. Also war endlich mein Matsch-Küche-Projekt geboren. Wir liehen uns Schleifmaschine und Tischkreissäge vom gut ausgestatteten Vorort-Lieblings-Nachbarn Jeff, bestellten Holzöl bei Amazon, machten einen Ausflug in den Baumarkt, um ein paar noch fehlende Teile dazu zu kaufen und zimmerten an einem Wochenende die Küche zusammen. In meiner ganz typischen Arbeitsweise: mit ’nem groben Plan, der dann sehr flexibel angepasst und „on the go“ verfeinert wird. Dann noch ein bisschen Deko hier und da… und fertig.


Ende März war Pessach. Normalerweise feiern wir in großer Runde mit Freunden und Familie. Dieses Jahr war es nun schon das zweite Jahr alleine. Nichtsdestotrotz ist Pessach immer eine besondere Zeit. Aber auch eine nicht ganz so einfache. Acht Tage lang ohne Gesäuertes – kein Brot, keine Nudeln, keine Kekse, kein Kuchen, etc. Das bedeutet viel selbst backen, zum Beispiel Mandelbrot oder Mandelkekse. Wie gut, wenn man dann in einem Land lebt, in dem es völlig normal ist, im Supermarkt Produkte zu bekommen, die auch für Pessach geeignet sind. Und dabei meine ich nicht nur Matze, eine Flasche Traubensaft und drei / vier Arten von Kuchen wie in der koscheren Ecke in dem einen Edeka in ganz Düsseldorf. Ich meine gängeweise… meterlange Regale voll mit Produkten koscher für Pessach. Wir waren überwältigt und beigeistert. Nicht nur Kerzen, Geschenkpapier und Sufganiot (Pfannkuchen) zu Channukah waren Gang und Gäbe, auch Glückwunschkarten zu jüdischen Feiertagen sind hier kein Problem. Eine Normalität, die ich sehr genieße. Lustigerweise hatte ich zu dem Thema gerade kurz vor Pessach auch ein Interview gegeben, welches auf dem Expatmama-Blog erschien. Wer mehr lesen will, ist herzlich eingeladen, bei Jonna und ihrem Expatmama-Blog vorbeizuschauen.


Und weil alles immer besser ist am Meer, durfte natürlich ein weiterer Ausflug an den „großen Teich“ nicht fehlen. Und so haben wir die ersten wärmenden Sonnenstrahlen des Frühlings in New Jersey am Strand genossen. Mit diesen sonnigen Bildern schließe ich für heute. Bleibt alle schön gesund und fröhlich. Wir vermissen Euch!

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